Um es gleich vorweg zu nehmen: Eine feste Rangordnung unter Katzen gibt es nicht. Schließlich sind Katzen keine Rudeltiere, deren Gruppenregeln durch einen Anführer bestimmt werden.

Es gibt keinen Chef, der die anderen Katzen unterdrückt oder ihnen zeigt, wo es langgeht.

Genauso wenig gibt es Katzen, die sich unterwerfen.

Und doch beobachtest du, wie eine deiner Katzen die andere von ihrem Platz verjagt oder der anderen ihr Futter überlässt.

Vielleicht schleicht sogar eine deiner Katzen geduckt durch die Wohnung, um ja nicht die Aufmerksamkeit des gefürchteten Artgenossen auf sich zu ziehen.

Wenn es keine Rangordnung unter Katzen gibt, wie regeln Katzen denn sonst ihre Beziehungen?

Musst du dann nicht doch eingreifen, wenn sich deine Katzen nicht verstehen?

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Ein kurzer Blick auf wild lebende Katzen

In kleinen, aus einer Familie bestehenden Kolonien (…) lassen sich keine Hierarchien nachweisen.

John Bradshaw, Verhaltensforscher

Auf Bauernhöfen leben die Tiere relativ friedlich zusammen.

Das hat zum Einen mit dem großen Platzangebot zu tun, das es ermöglicht, sich aus dem Weg zu gehen. Zum Anderen sorgt ein unerschöpfliches Nahrungsangebot dafür, dass es keine Konkurrenz um die wichtige Ressource Futter gibt.

Dennoch wandern junge Kater immer wieder ab, d. h., sie suchen sich ein anderes Revier. Das ist biologisch sinnvoll, da so Inzucht vermieden wird. Auf Bauernhöfen leben die Katzen in einem Matriarchat; eine Kätzin hält also die Gruppe zusammen. Sie und ihre erwachsenen Töchter, die Kitten des aktuellen Wurfes sowie ein oder zwei Kater leben in einer Art Familie zusammen.

Die jungen, unkastrierten Kater suchen sich im Alter von ca. 6 Monaten ein neues Revier mit Kätzinnen im fortpflanzungsfähigen Alter.

Die Beziehungen innerhalb der Katzengruppe sind nicht stabil. Der Tod der Matriarchin sowie ein knappes Futterangebot führen zu sozialen Spannungen unter den Katzen.

Kämpfchen bleiben da nicht aus und die Familie zerfällt in zwei oder mehrere Gruppen.

Du siehst hier schon, dass Beziehungen unter Katzen sich permanent ändern, wenn sich etwas Beunruhigendes ereignet. Und das wird auch bei deinen Katzen so sein.

Der Unterschied, gerade wenn deine Katzen keinen Freigang haben, besteht in der fehlenden Möglichkeit, die Gruppe zu verlassen und woanders ganz neu zu beginnen.

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Situation der meisten Hauskatzen

Du lebst wahrscheinlich nicht auf einem Bauernhof mit deinen Katzen, sondern teilst mit ihnen die Wohnung oder das Haus.

Dein Platzangebot ist also beschränkt. Es sei denn, deine Tiere sind Freigänger, die sich mit wenig Konkurrenz in der Nachbarschaft herumschlagen müssen

Häufig leben mehrere Katzen im gleichen Haushalt, die nicht zu einer Familie gehören, sondern bunt zusammengewürfelt wurden. Vielleicht ist das bei dir auch so.

Freigänger & ihre Reviere

Katzen verfügen über Reviere, die sie sich draußen mit anderen teilen. Die unmittelbare Umgebung um ihr eigenes Heim, ihr Kerngebiet, verteidigen viele Katzen vehement gegen Eindringlinge – Kater und auch Kätzinnen.

Weiter entfernte Gebiete teilen sie sich mit Artgenossen.

Sie betreiben ein Timesharing-Modell, welches dafür sorgt, dass Konkurrenten sich nicht begegnen bei der Revierkontrolle oder Mäusejagd. Das ist clever, da Revierkämpfe und somit gefährliche Bisswunden vermieden werden.

Unter kastrierten Katzen gibt es aber keine festgelegte Rangordnung, in der ein Chef oder eine Chefin herumpatroulliert und ihre Untergebenen zusammenstaucht.

Die Beziehungen untereinander sind viel komplexer: Es gibt🎧 Freundschaften unter Nachbarskatzen, Hass-Beziehungen, lockere Bekanntschaften oder auch gleichgültiges Desinteresse. Und auch diese Verbindungen sind nicht in Stein gemeißelt.

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Revierkämpfe

Gelegentlich kommt es auch zu Revierkämpfen, die meiner Meinung nach wenig mit einer starren Hierarchie unter (kastrierten) Katzen zu tun haben.

Dennoch kommt es natürlich vor, dass ein besiegter Gegner mehr oder weniger freiwillig das Feld räumt und sein Revier verlegt. Er hat einfach die Nase voll von seinem auf Krawall gebürsteten Artgenossen.

Unsichere, territoriale Katzen, die nicht ausreichend auf andere Katzen sozialisiert sind oder schlechte Erfahrungen mit Artgenossen gemacht haben, laufen entweder weg, jaulen, schreien und spucken oder suchen den Kampf.

Ganz selten gibt es auch den Typ des territorial extrem aggressiven Katers, der Eindringlinge nicht duldet und ihnen sogar in ihrem Kerngebiet auflauert. Sein Ziel: Seine Kontrahenten zu töten. Solche Kämpfe enden häufig mit sehr tiefen Bisswunden.

In einem Konflikt gibt es nicht immer einen Sieger oder Verlierer. Nämlich dann nicht, wenn beiden Katzen das Duell einfach aussitzen. Dann wird manchmal über Stunden furchteinflößend gejault, gestarrt und sich größer gemacht. Irgendwann geht beiden die Puste aus und eine Katze beginnt mit einer Beschwichtigungsgeste: Blinzeln, Wegschauen, Gähnen. Das signalisiert dem anderen: Hey, ich bin gar nicht mehr auf Krawall gebürstet. Lass uns hier noch ein wenig rumsitzen und uns dann friedlich trennen.

Die andere geht im besten Fall darauf ein oder lässt die andere ziehen, wenn diese sich wie in Zeitlupe vom Streitort wegbewegt.

Übrigens hat dieses Verhalten gar nichts mit Unterwerfung zu tun. Die gibt es bei Katzen nämlich gar nicht.

Die vermeintliche Unterwerfungsgeste „Katze wirft sich auf die Seite, legt die Ohren an“ hat eine ganz andere Bedeutung.

Sie ist nämlich bei einem Angriff der anderen bestens gerüstet, ihre Krallen einzusetzen und zuzubeißen.

Die Ohren legt sie dabei schützend an den Kopf – sie sind so zart, dass sie gerne mal durchgebissen werden.

Zusammenleben in der Wohnung

Möglicher Stress mit fremden Katzen bleibt Wohnungskatzen erspart.

Dennoch leben sie meistens mindestens mit einem Artgenossen, oft auch mit mehreren, zusammen.

Ist es da nicht sinnvoll, eine Rangordnung zu etablieren, um Konflikte zu vermeiden?

Ja, aber nur dann, wenn zu viele Katzen auf zu engem Raum zusammenleben. Genauer: Zu viele unterschiedliche Persönlichkeiten, (negative) Erfahrungen und begrenzte Ressourcen zusammentreffen.

Wie bei Hunden, so mag auch bei Katzen das Ausbilden einer dominanzgesteuerten Hierarchie das Ergebnis äußeren Drucks sein. Soziale Spannungen entstehen, wenn nicht miteinander verwandte Katzen zusammenleben (…), in einem Haushalt mit zahlreichen nicht verwandten Katzen unterschiedlicher Herkunft.

John Bradshaw, Verhaltensforscher

In einigen überfüllten Tierheimen kannst du genau diesen Zustand beobachten oder aber in einer nicht katzengerechten Wohnungshaltung.

Da gibt es Katzen, die sich permanent verstecken, geduckt durch die Wohnung schleichen oder sich gar nicht mehr vom Schrank runtertrauen, vor lauter Angst, sie könnten von einer aggressiveren Katze vermöbelt werden.

Oder Katzen, die 👉 so gestresst sind, dass sie ihr Heil im Fake-Schlaf und im Fressen finden.

Dies hat nichts, aber auch gar nichts mit einer „natürlichen“ Rangordnung zu tun!

Das sind für die Opferkatzen unhaltbare Zustände, unter denen sie extrem leiden.

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Wie regeln Katzen das Zusammenleben?

Je sozialer eine Katze, desto weniger Probleme hat sie, mit Artgenossen zusammenzuleben, auch dann, wenn ihr Lebensraum beschränkt ist.

Im Idealfall hat sie die Erziehung durch ihre Katzenmutter und ihre Geschwisterchen 16 Wochen lang erfahren dürfen. Natürlich inclusive einem ständigen, positiven Kontakt zu verschiedenen Menschen.

Dabei hat sie auch gelernt, mit ihren Artgenossen zu kommunizieren, diese auch zu verstehen und deren Wünsche zu respektieren.

Katzen, die sehr viel früher von Mutter und Geschwistern getrennt wurden, sind leider weniger begünstigt in ihrer Anpassung an andere Artgenossen. Da hapert es dann auch häufig mit der Verständigung.

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Vom Mythos des Alphatiers

Ich glaube, dass Katzen, die zusammenleben, eher unterschiedlichen „Beschäftigungen“ nachgehen als Rangfolgen festzulegen und Lieblingsorte abwechselnd nutzen, während eine Katze herumgeht und die Rolle des gütigen Diktators übernimmt…

Jackson Galaxy, „Katzenflüsterer“, aus „Für ein glückliches Katzenleben“ *

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Meine Katze Meggie ist solch ein Exemplar, welches gerne heikle Situationen klärt oder ihre Partnerkatze dezent darauf hinweist, dass diese lange genug in dem begehrten Fensterkörbchen gelegen hat.

Ein sanftes Beißen in Rubys Hinterteil sorgt für einen fliegenden Wechsel. Ruby meckert ein bisschen, dann sucht sie sich woanders ein gemütliches Plätzchen.

Ist Meggie jetzt die dominante Katze und Ruby die unterlegene?

Sagen wir mal so: Meggie hat in diesem Fall ihren Willen durchgesetzt, Ruby den Kürzeren gezogen.

Das heißt aber noch lange nicht, dass Meggie die Rolle des Alphatiers einnimmt und Ruby kontrolliert und unterbuttert.

Beide verbindet eine echte Freundschaft, in der natürlich die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Katzen stark zum Ausdruck kommen und sich in bestimmten Verhaltensweisen bemerkbar machen.

Man könnte eher von veränderlichen „Rollen“ sprechen, wenn man dem Kind einen Namen geben möchte. Und diese sind abhängig von der jeweiligen Katzen-Beziehung, dem Alter, dem Gesundheitszustand und anderen Faktoren.

Eine streitlustige oder aggressive Katze mit dem Etikett des dominanten „Alphatiers“ zu versehen, vernebelt die Sicht auf die wahren Ursachen ihres Verhaltens.

Zusätzlich wird dem sich fürchtenden Tier die Chance auf eine Verbesserung seiner Lebensumstände genommen. Nach dem Motto: „Einer muss ja in der Rangordnung unten stehen.“ Wie traurig.

Wenn du dich bisher also gefragt hast: „Wie lange dauert es, bis die Rangordnung unter den Katzen geklärt ist“, wirst du nun die Antwort kennen: Gar nicht, denn eine festgelegte Hierarchie unter Katzen existiert nicht.

Putzen, Spielen & Fressen

Katzen, die sich gegenseitig putzen, verstärken die Bindung zum Artgenossen und profitieren gleichzeitig von dem liebevollen Waschprogramm unterm Kinn.

Wer putzt aber wen? Gibt es beim Putzen eine festgelegte Rangordnung?

Zumindest liest man das immer wieder.

Diese Erklärung ist wieder viel zu einfach und unstimmig.

Es gibt Katzenkonstellationen, in denen mal die eine der anderen das Köpfchen wäscht und danach ist die andere dran, schön im Wechsel.

Oder sie putzen sich gleichzeitig an den Wangen.

Manche mögen gar nicht geputzt werden und putzen selber nicht. Das hat einfach etwas mit ihrem Bedürfnis nach körperlichem Abstand zu tun.

Einige Katzen lassen sich putzen – manchmal hat der Beobachter schon den Eindruck, diese Tiere lassen sich lieber den Kopf waschen, als Opfer eines Angriffs zu werden. Dann sollte man definitiv an der Beziehung der beiden arbeiten.

Und dann gibt es die „Putzkabbelei“, wie ich es liebevoll nenne. Bei zwei Katzen, die eigentlich gar nicht mehr müde sind, sondern schon wieder voller Tatendrang, artet das gegenseitige Putzen in ein spielerisches Kämpfchen aus.

Auch hier sind Begriffe wie „dominant“ und „Rangordnung“ fehl am Platz.

Ich benutze viel lieber Begriffe wie „selbstbewusst“, „schüchtern“ oder „Vordrängler“, um die Beziehungen zwischen Katzen zu erklären.

Eine spielbegeisterte, selbstbewusste Katze wird sich im gemeinsamen Spiel immer vordrängeln. Ist sie deshalb das Alphatier? Wohl kaum.

Eine sehr verfressene Katze wird eine andere, die nicht so scharf auf Futter ist, auch vom Napf verdrängen. Das sollte nicht passieren, weshalb es auf jeden Fall getrennte Futterplätze gibt.

Bleibt die Frage vom Beginn des Artikels:

Wann solltest du eingreifen in die Beziehung deiner Katzen?

Immer dann, wenn eine Katze der anderen droht (z. B. , indem sie sie anstarrt), stalkt oder jagt und die andere dadurch verängstigt oder gestresst reagiert.

Mein Blogartikel 👉So erkennst du, ob deine Katzen spielen oder kämpfen verrät dir, wie du die Sprache deiner Katzen richtig deutest.

Dann weißt du auch, ob deine Katzen ganz gechillt miteinander umgehen oder ob es Zeit ist, einzugreifen😺.

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